Übles Eigentor

19.05.2018
Kolumne

Die Kolumne "BRAND AKTUELL" ist am 19./20. Mai 2018 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

„Ich bin froh, Deutscher zu sein, ich bin stolz, sonst wäre ich auch nicht hier in der Mannschaft. Ich glaube, ich bin gut integriert, und mehr muss ich dazu auch nicht sagen." So zeigte Nationalspieler Jerome Boateng (in Berlin geboren, Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters) vor 2 Jahren klare Kante gegen die Beleidigungen vom Rechtspopulisten Gauland.

Ein übles Eigentor haben jetzt Boatengs Teamkollegen Özil und Gündogan geschossen. Propaganda-Bilder mit Erdogan, ein signiertes Trikot „Für meinen verehrten Präsidenten, hochachtungsvoll“. Hochachtung für einen Autokraten, der Tausende von Unschuldigen verhaftet, die Demokratie in der Türkei beerdigt, Deutschland aufs Übelste beschimpft? Geht’s noch? Und überhaupt: Unser Bundespräsident heißt Steinmeier, nicht Erdogan.

Um es klar zu sagen: Sich zu seinen Wurzeln zu bekennen, finde ich richtig und ganz normal. Der kölsche Podolski, der Osthesse Mustafi oder der Berliner Boateng zeigen wie das geht! Auch aktuell Emre Can. Überhaupt nicht normal finde ich es, als Nationalspieler und Vorbild für Millionen, gerade für junge Menschen und Wähler in der Türkei, ausgerechnet für einen Anti-Demokraten zu werben. Naivität? Glaube das, wer will, angesichts wiederholter Nähe zur Erdogan-AKP und millionenschwerer Geschäfte in der Türkei.

Was geht da wohl in Menschen vor, die in der Türkei mutig ihren Kopf hinhalten für freiheitliche Werte, während Millionäre in Freiheit dem Despoten huldigen?

Diese Wahlkampfhilfe für Erdogan ist zugleich eine Steilvorlage für Rechtspopulisten bei uns, die doch schon immer zu glauben wissen, dass Integration generell zum Scheitern verurteilt ist. Wahr ist doch: In unserem Land gelingt Integration deutlich häufiger, als dass sie nicht gelingt. Einen Bärendienst haben ihr Gündogan und Özil erwiesen. Bis heute fehlt ein klares Wort, auch der Bundestrainer hat sich sehr weggeduckt. Der DFB muss handeln, denn was Nationalspielersein bedeutet, haben diese beiden Fußballer nicht begriffen.