Sieg statt Niederlage

25.04.2020
Kolumne

Die Kolumne ist am 25./26. April 2020 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

Mancher mag es kaum mehr hören: Corona. Unser privates Leben, das wirtschaftliche, das politische, vieles andere wird davon bestimmt. Der Leidensdruck, das erlebe ich täglich in vielen Gesprächen aus ganz vielen unterschiedlichen Bereichen, ist schon groß.

Das im wahrsten Sinne des Wortes „gesunde“ Maß zwischen Restriktionen und dringend ersehnter Öffnung zu finden, ist allerdings nicht einfach. Ganz klar, denn das Thema ist komplex. Täglich kommen neue Informationen über Virus, mögliche Gegenstrategien und Gegenmittel, von Impfstoff bis Gesichtsmaske. Wie soll man da den Überblick behalten, wenn man nicht Experte für alle diese Fragen ist? Es stellen sich Zweifel ein, ob das alles in dem Ausmaß nötig ist. Die einen stellen fachliche Fragen, manche stellen alles infrage, auch weil sie schlicht den Druck nicht mehr aushalten. Auch ich stelle mir jeden Tag die Frage neu, ob wir alles richtig, möglichst keine Fehler machen, etwas übersehen – von der Beschaffung von Schutzkleidung über die Absicherung sozialer Not, auch von Menschen, die um die Existenz ihrer starken Betriebe fürchten, die teils seit Generationen erfolgreich geführt werden. Die Existenzgefahr ist nicht Ergebnis eigener Fehler – es ist diese verdammte Pandemie, die durch ganze Jahrzehnte an Leben und Leistung einen brutalen Strich machen könnte. Das darf nicht sein. Und so werden wir in den kommenden Wochen immer wieder die Frage stellen, jeden Tag: Machen wir alles richtig? Sind die Maßnahmen angemessen, verantwortbar? Wie kann der Druck trotz der enormen Bedrohung an möglichst vielen Stellen reduziert werden? Ohne wieder neu Gefahr heraufzubeschwören – dann durch uns selbst verursacht?

Über allem steht, was menschlich und moralisch nicht verhandelbar ist: die Generation derjenigen vor allem zu schützen, die uns alle unsere heutigen Möglichkeiten als Familie, im Beruf und im Land überhaupt erst ermöglicht hat. Diese Generation nennen wir und sie sich selbst stolz „die Aufbaugeneration“. Für uns als Gesellschaft bleibt überlebenswichtig, dass wir trotz allen Drucks Menschlichkeit und Anstand gerade in dieser Zeit bewahren. Alles andere würde unserer menschlichen Gesellschaft enorm schaden, könnte sie brechen. Bewahren wir unsere Mitmenschlichkeit und Offenheit, werden wir auch diese historische Prüfung bestehen – und einen großen Sieg feiern statt eine schwere Niederlage zu erleiden.