"Manchmal klare Kante"

24.03.2021
Interview

Das Interview ist am 20./21. März 2021 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

1. Bei den Wahlen zum Kreistag Fulda haben Sie die meisten Personenstimmen von allen Kandidaten aller Parteien erhalten. Wie fühlt man sich als „Stimmenkönig"?

Das Ergebnis hat mich doppelt gefreut. Erstens ist es natürlich ein echter Vertrauensbeweis und ich fühle mich in der Art bestärkt, offen und direkt auf die Menschen zuzugehen und manchmal auch klare Kante zu reden. Zum anderen ist so ein Vertrauen in einer Zeit, in der teils starke Kritik geübt wird, doppelt wertvoll. Vor allem bleibt es natürlich eine echte Verpflichtung. Aber das ist es ja immer.

2. Wie beurteilen Sie die jüngsten Vorgänge in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion? (Masken-Affäre)

Das ist auf Deutsch gesagt eine Riesensauerei. Ich war total geschockt und dann auch sehr froh, wie konsequent der CDU-Vorsitzende Armin Laschet und unser Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus das Thema binnen weniger Tage zum richtigen Ergebnis gebracht haben: aufklären, sanktionieren und zum Rücktritt zwingen. Der Schaden ist natürlich trotzdem da, aber es ist mir schon wichtig zu sagen, dass das nicht der Normalfall, sondern die absolute Ausnahme ist. Jetzt müssen wir doppelt und dreifach arbeiten, und dabei die Regeln weiter verschärfen und mehr Transparenz schaffen, um das zu reparieren und künftige Fälle zu verhindern. Ich hoffe und ich bin auch zuversichtlich, dass das auch gelingt.

2. Wie bewerten Sie das „Ultimatum“ der Fraktionsspitze?

Das war völlig richtig. Wir mussten nach dieser moralischen Katastrophe klarstellen, dass wir nicht so sind wie diese Figuren. Dazu braucht es Transparenz und klare Fakten. Das hat ja auch deshalb funktioniert, weil doch die meisten Verantwortlichen in öffentlichen Ämtern einfach solide, fleißige Leute sind, denen es um das Gemeinwohl geht, nicht um den persönlichen Profit.

3. Was sagen Sie zu den Ergebnissen der beiden Landtagswahlen (Markus Söder spricht vom „Schlag ins Herz der Union“) und zum Ergebnis der Wahlen zum  Kreistag Fulda?

Also ganz offen: ein „Schlag ins Herz der Union", den hat es mit den Verlusten von unter 3 % und über 4 % bei diesen beiden Landtagswahlen weniger gegeben als mit dem Verlust von über 10 % der CSU vor zweieinhalb Jahren - und auch den über 10 % der CDU in Hessen damals.
Man muss auch nicht immer nach dem nächsten Superlativ suchen, weder positiv noch negativ. Die Verluste in Baden-Württemberg liegen bei 2,4 %, die in Rheinland-Pfalz bei 4,1 %. Das alles ist natürlich ein Minus, und es hat einiges, aber eben auch nicht alles mit der Lage im Bund zu tun. Regierung, das gilt für den Bund wie für das Land, ist in der Krise oft besonders gefordert und dominiert dadurch die politische Bühne. Das hat erkennbar auch eine Rolle gespielt. Deshalb ist der Verlust der CDU landesweit bei den Kommunalwahlen mit unter einem Prozent sozusagen auch kaum spürbar. Wahr ist aber auch, dass bei mehr Rückenwind sogar ein Zuwachs möglich gewesen wäre. Die engagierte Arbeit vor Ort hätte es auf jeden Fall verdient.
Bei den Wahlen zum Kreistag in Fulda haben wir zwar generell eingebüßt. Auch wenn man sich den Abstand zwischen Platz eins und Platz zwei anschaut, dann gibt es fast nirgendwo in Hessen, und auch nicht bundesweit einen so großen Abstand von über 30 % zwischen dem Ersten und dem Zweiten. Wir haben mit über 44 % eine solide Basis, um auch wieder weiter nach oben auszubauen. In Kommunen wie Hünfeld oder Neuhof hat die CDU die absolute Mehrheit verteidigt, in den Städten Schlitz und Alsfeld sogar historisch erstmals errungen. Das Bild ist also differenziert, und die CDU kann mit solider Arbeit und guten Leuten dazu gewinnen. Das ist für mich das Entscheidende.

4. Auf was kommt es Ihrer Ansicht nach jetzt beim politischen Handeln in Deutschland an?

Vor allen Dingen darauf, die Corona-Pandemie besser in den Griff zu kriegen. Das wichtigste bleibt dabei der schnelle Ausbau der Impfungen. Zwar haben wir jetzt noch mal eine Verzögerung, aber es sieht immer noch so aus, dass wir im Spätsommer weitgehend auf Normalzustand zurückkehren können. Das ist das allerwichtigste. Der Rest ist auch nicht unwichtig, aber das kommt danach.

5. Was entgegnen Sie Menschen und Unternehmern, die des Lockdowns überdrüssig sind und die um ihre Existenz fürchten?

Ich rede ja täglich mit Leuten, die von den Folgen der Pandemie betroffen sind. Da gibt es ganz unterschiedliche Situationen und auch Reaktionen. Die Leute haben berechtigte wirtschaftliche und soziale Sorgen, und da kann niemand drüber weg gehen. Auf der anderen Seite darf Politik nicht durch unüberlegtes Nachgeben die Ursache dafür werden, dass sich die Pandemie erneut ausbreitet und es dann einen noch härteren Lockdown gibt. Es bleibt ein Balanceakt, sozusagen auf der Rasierklinge.
Ich bin fest davon überzeugt: Wir alle können nur miteinander durch die Krise kommen, das Gegeneinander schwächt alle. Ich hoffe, dass wir das Miteinander weiter stark halten können, dann kommen wir schneller und besser durch.