Interview im Lauterbacher Anzeiger vom 7. Februar 2025, von Claudia Kempf
Zehn Bewerberinnen und Bewerber kandidieren fürs Direktmandat im Bundestagswahlkreis 173 Fulda. Wer sie sind und was sie in der Politik bewegen möchten, erzählen sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Im vierten Teil unserer Interview-Reihe äußert sich der 51-jährige Christdemokrat Michael Brand aus Fulda, der »Titelverteidiger«, der seit 2005 dem Bundestag angehört und fünfmal das Direktmandat gewonnen hat.
Herr Brand, Sie kandidieren für eine ländliche Region. Was wollen Sie konkret für den Vogelsberg/Osthessen bewirken?
Als Wichtigstes müssen wir die Infrastruktur, wie Krankenhäuser, Schulen, schnelles Internet und anderes auf Dauer sichern, damit die Attraktivität unserer Region bleibt. Es lebt sich richtig gut bei uns, und das müssen wir auch für die Zukunft sichern. Dazu zählt übrigens auch, die Kommunen, auch die Vereine und das Ehrenamt zu unterstützen. Denn die sind es ja, die täglich vor Ort sind, wo wir als Bürger, als Familien oder als Personen die Lebensqualität erfahren. Schon bisher habe ich viele Projekte im Vogelsberg mit angeschoben und die Finanzierung gesichert, das wird auch in Zukunft die Aufgabe sein. Durch die guten Kontakte nach Wiesbaden und Berlin war und ist einiges möglich.
Die Mobilität spielt für die Landbevölkerung eine große Rolle. Im Vogelsberg gibt es Handlungsbedarf bei Bus und Bahn, deren Infrastruktur besser ausgebaut werden müsste. Wie kann das Ihrer Meinung nach funktionieren?
Das ist sozusagen mein täglich Brot. Gemeinsam mit den Kommunen vor Ort bin ich bei Land und Bund ein energischer Anwalt für den Ausbau. Wir brauchen beides, den Individualverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr. Neben dem Bund, dessen Verantwortung für die Bahn ganz besonders hoch ist, sind auch die regionalen, meist von den Kommunen getragenen Verkehrsverbünde gefragt. Wie immer geht es dabei natürlich auch um die Finanzierung. Und es ist völlig klar, dass wir mit anderen Projekten anderswo um Finanzierung konkurrieren. Das bleibt also ein Marathon, bei dem wir als kommunale Vertreter natürlich hart dranbleiben.
Sind Sie für den Bau der Umgehungsstraße B254n Lauterbach-Wartenberg?
Das bin ich, und zwar seit vielen Jahren. An der einen oder anderen Stelle habe ich auch dazu beigetragen, dass dieses wichtige Projekt vorankommt. Es gab zwischen der Kommune vor Ort, dem Landkreis, den Bürgern und Gewerbetreibenden und auch Bürgerinitiativen eine Menge Gesprächsbedarf. In Wiesbaden gab es einen Verkehrsminister der Grünen, der dieses Projekt, teils in Übereinstimmung mit den Grünen vor Ort, auf die ganz lange Bank schieben wollte. Das ist inzwischen Gott sei Dank anders, deshalb gibt es eine bessere Chance darauf, dass die Umgehungsstraße auch tatsächlich realisiert wird. Sie wird vor Ort und insgesamt guttun, Entlastung bringen sowie neue Chancen für Entwicklung, da sind sich fast alle einig..
In Europa herrscht Krieg. Plädieren Sie für die weitere Unterstützung der Ukraine mit allen Mitteln (Geld, militärischer Ausrüstung...) und die Aufrüstung der Bundeswehr inklusive einer Wehrpflicht für alle?
Wenn Putin in der Ukraine gewinnt, wird sich der Krieg auf andere Gebiete Europas ausweiten. Jeder, der etwas anderes erzählt, weiß zu wenig über Putin oder täuscht bewusst die Öffentlichkeit. Wir haben hier in Osthessen Bundeswehr und Amerikaner gehabt, was uns den Frieden bewahrt hat. Als wenige Kilometer von Lauterbach und Fulda der Eiserne Vorhang bestand, haben wir nur durch militärische Stärke der Demokratie den Krieg verhindert, nicht durch leere Floskeln. Wir Europäer müssen mehr tun, um uns zu verteidigen, wenn wir Frieden und Wohlstand sichern, und vor allem Krieg verhindern wollen. Putin riecht Schwäche, und er nutzt sie brutal aus, wie wir leider sehen.
Die Babyboomer gehen in den kommenden Jahren in Rente: Unser Rentensystem schwächelt. Die Belastungen jüngerer Arbeitnehmer werden immer höher, sollte das System so bleiben. Für welche neuen Wege plädieren Sie, um auch zukünftig Renten zu sichern? (Rente mit 70, auch Beamte zahlen ein...)?
Nein, keine Rente mit 70, am Renteneintrittsalter wird nicht gerüttelt. Allerdings soll es nach unserem Wahlprogramm für den Politikwechsel eine positive Innovation geben: Wir wollen Anreize für diejenigen schaffen, die länger arbeiten können und es auch wollen. Vom Zuverdienst sollen 2000 Euro pro Monat komplett steuerfrei sein, wenn Menschen länger zur Verfügung stehen mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung; der Staat wird davon also nichts »einstecken«. Das ermöglicht mehr finanzielle Freiheit im Alter und hilft Betrieben gegen Facharbeitermangel. Falsche Anreize, wie das umstrittene Bürgergeld, schaffen wir ab, ersetzen es durch eine faire neue Grundsicherung, auch das sichert Renten.
Deutschland leidet schon jetzt unter einem Fachkräftemangel. Wie müsste aus Ihrer Sicht Zuwanderung erfolgen, um hier entgegenzusteuern?
Schon aus unserer Zeit in der Regierung gibt es Programme, die ganz gezielt Fachkräfte aus dem Ausland anwerben, um hier den Fachkräftemangel zu lindern. Die Anerkennung von Abschlüssen muss besser und schneller gelingen. Diese Leute sind, vom Pflegepersonal bis Beschäftigte in mittelständischen Betrieben, eine große Hilfe und herzlich willkommen. Sie leisten eine enorm wichtige Arbeit. Deutschland hat immer Menschen willkommen geheißen, die mit anpacken und mithelfen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Was wir nicht brauchen und deshalb endlich konsequent bekämpfen müssen, ist illegale Einwanderung.
In welchem Politikfeld sehen Sie im neuen Bundestag den Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Mein Schwerpunkt bleibt der Wahlkreis, die vielen, ganz unterschiedlichen und wichtigen Anliegen der Leute hier. Ich bin mit Herz und Seele Wahlkreisabgeordneter. In Berlin bin ich darüber hinaus für die Bundespolizei zuständig, was sich auch auf unseren Wahlkreis, den Standort Hünfeld, auswirkt, denn den konnte ich mit vor der Schließung bewahren, und der wird inzwischen stark ausgebaut. Mit innerer Sicherheit und Migration beschäftige ich mich auch als Sprecher für Menschenrechte. Es gibt sehr viele Anknüpfungspunkte für die Menschen hier vor Ort. Das hilft in vielen Bereichen – denn nichts ist so hilfreich wie ein Blick in die Praxis.
Gibt es Parteien, mit denen Sie persönlich nicht zusammenarbeiten möchten?
Ganz klar: Die Extremisten von links und rechts, AfD, BSW, LINKE. Ganz bewusst habe ich in den letzten Wochen gesagt, dass Ärger und Wut sehr schlechte Ratgeber für eine Abstimmung über das Schicksal der Nation sind. Denn würden wir aus Wut regieren, wäre Deutschland sehr schnell in großer Gefahr. Wir müssen die Probleme lösen, darum geht es. Friedrich Merz hat beim Thema illegale Migration gezeigt, wie mit vernünftigen Vorschlägen Probleme auch gelöst werden können. 80 Prozent der Bevölkerung wollen eine restriktivere Migrationspolitik, selbst eine Mehrheit der Wähler von SPD und Grünen. Die müssen endlich ihre Blockade beenden, sonst helfen sie den Extremisten.
Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag: Worüber möchten Sie sprechen?
Man sucht sich ja nicht aus, worüber man reden möchte. Es sind die Themen der Menschen und des Landes, die verlangen, dass man sich um sie kümmert. Der Bundestag ist ein wirklich fleißiges Parlament, was in den Medien so gut wie nie berichtet wird. Es gibt zahlreiche Gesetzesvorschläge, Initiativen und Debatten, die sehr nah an den Problemen der Menschen sind. Wer mehr oder weniger elegant im Bundestag dazu eine Rede hält, ist nicht so wichtig wie die konkrete Arbeit in den Ausschüssen und Fraktionen. Wichtig ist ein gutes Netzwerk in Berlin und vor Ort, das habe mich mir erarbeitet – zum Nutzen des Vogelsberges. Tun ist wichtiger als nur darüber reden. Ich bin gerne Kümmerer!
PERSÖNLICH - Michael Brand
Meine Familie ist für mich...»das Wichtigste im Leben«.
Meine größte Schwäche... »vielleicht manchmal Ungeduld«.
Volksmusik, Klassik oder Rock? »Rockmusik, BAP bis U2.«
Mein liebstes Buch... »Die Bibel«.
In meiner Freizeit... »Lesen und Sport aller Art: 1. FC Köln bis Lauterbacher Luchse.«
Als Actionheld wäre ich... »Superman für meine Heimat :).«
Urlaub mache ich am liebsten... »mit Familie in Südtirol.«
Foto: Tobias Koch
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