Kein Rückenmark aus China

04.12.2019
Kolumne

Die Kolumne ist in der Fuldaer Zeitung am 4. Dezember 2019 erschienen.

Es sieht aus nach einer nur technischen Debatte. Aber der Internetstandard 5G wird massive Auswirkungen auf unser tägliches Leben haben.

Das gilt für Betriebe, Verkehr und Schulen, für Medizin, Verwaltung und für uns alle privat. Der neue Standard ist so rasend schnell, dass völlig neue Anwendungen entstehen, die viele Bereiche des Lebens nachhaltig verändern werden. Industrie 4.0 ist eines der Stichworte, Telemedizin, autonomes Fahren, digitale Landwirtschaft, „Internet der Dinge“ sind andere.

Über 5G wird ein harter globaler Wettbewerb ausgetragen. Von den USA über Europa bis hin nach China geht es um nichts weniger als darum, wo in der neuen, digitalen Weltordnung viele Millionen Arbeitsplätze entstehen – oder verloren gehen. Das 5G-Netz, über das Daten überall hin transportiert werden, bildet sozusagen das Rückenmark, das zentrale Nervensystem dieser digitalen Ära.
Aktuell wird eine lebhafte Diskussion darüber geführt, wem wir dieses Rückenmark unserer wirtschaftlichen und auch privaten Daten anvertrauen – und wem nicht.

Huawei ist bei 5G der Weltmarktführer. Nur zwei europäische Wettbewerber „stören“  dieses Monopol. Das Problem: Huawei und ist aufs engste mit Chinas Regime und Geheimdienst verquickt. Ohnehin sind Unternehmen in China per Gesetz verpflichtet, mit dem System zu kollaborieren. Das Regime in Peking geht massiv gegen religiöse und andere Minderheiten vor. Uiguren werden bis in intimste Bereiche total überwacht, mit Hilfe künstlicher Intelligenz; über eine Million werden in Internierungslagern misshandelt und ideologisch „umerzogen". Millionen Christen werden verfolgt, die Zivilisation der Tibeter systematisch ausgerottet; die Freiheit Hongkongs wird bedroht. Das Internet wird total kontrolliert, das Regime will mit Repression die Freiheit ersticken. Chinas Totalitarismus 2.0 ist eine Mischung aus modernster digitaler Technik und brutaler mittelalterlicher Repression.

Und China wird immer aggressiver. Es droht selbst mit militärischer Gewalt, wie zuletzt Nachbarn in Asien. International werden Dissidenten und Regierungen, bis hin nach Europa, unter Druck gesetzt und eingeschüchtert. Chinas Botschaft hat gerade wieder dem Bundestag gedroht, auch mir wurde gedroht. China 2019 ist nicht Land des Lächelns - es zeigt ein sehr aggressives Gesicht, auch uns gegenüber. Dem dürfen wir nicht tatenlos zusehen.

Nun hat eine Gruppe von Abgeordneten, darunter auch ich, eine Initiative ergriffen, um das Rückgrat unserer digitalen Zukunft nicht solchen Unternehmen zu übertragen, die uns gefährlich werden könnten. Noch im Dezember soll ein Antrag im Bundestag klare Kriterien vorgeben, die Sicherheit für deutsche Infrastruktur vor Spionage oder sogar Sabotage garantieren. Damit wird verhindert, dass intime Daten von Unternehmen oder Privatpersonen an China übermittelt werden. Wir dürfen nicht abhängig werden von einem Unternehmen wie Huawei, das Speerspitze von Unterdrückung durch digitale Technologie ist.

Es wäre ein fataler Fehler, das Rückenmark der digitalen Zukunft auszuliefern und damit unsere Wirtschaft für Druck oder gar Sabotage zu öffnen. In nationalem  Interesse und der Sicherheit Deutschlands und Europas müssen wir eigene Wege gehen, auf eigenen digitalen Füßen stehen.

Michael Brand warnt vor der Gefahr aus China für unser freies Internet und 5G. Der Autor (46) ist direkt gewählter Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Fulda.