Erst liefern, dann über EU-Beitritt reden

05.10.2019
Kolumne

Die Kolumne "BRAND AKTUELL" ist am 5./6. Oktober 2019 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

Manchmal muss man sich quer legen, abweichen von der Mehrheit, auch wenn der Druck groß ist. Das war bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag zum Thema EU-Erweiterung der Fall. Viele Länder wollen in die EU, weil die EU für Stabilität und Wohlstand steht. Auch Nordmazedonien und Albanien wollen den EU-Beitritt, und nun geht es um Gespräche, ob ein Beitritt, nach welchen Bedingungen, möglich ist.

Dazu hat die EU klare Kriterien. Unter anderem zählt dazu als Kern der Rechtsstaat, ohne den eine Demokratie im Alltag nicht funktionieren kann. Beide Länder haben damit Probleme. Nordmazedonien allerdings hat kürzlich durch Beilegung eines historischen Streits mit Griechenland gezeigt, dass dieses Land auch große Schritte unternehmen kann. Die Gespräche  können also trotz bestehender Probleme beginnen, weil es Hoffnung auf Fortschritt gibt.

Anders ist es mit Albanien, dessen Bevölkerung sehr westlich denkt. Allerdings ist der Staatsapparat bis in die Spitzen korrupt: Nicht nur sind Richter und Minister käuflich, wurden Wahlen manipuliert. Der Staat ist aktiv im internationalen Drogenhandel. Strafverfolgung findet aufgrund der Korruption im Regierungsapparat kaum statt. Gegenüber der EU argumentiert die Regierung, man sei gerade dabei, grundlegende Reformen in Gang zu setzen. Wirkliche Reformen allerdings bleiben, trotz Ankündigungen, seit Jahren aus. Ähnlich ist die Lage in Serbien, mit dem die EU schon über Beitritt verhandelt.

Die EU-Kommission hat in den eigenen Fortschrittsbericht geschönt und vieles unter den Teppich gekehrt. Davon darf man sich nicht täuschen lassen. Und so habe ich als jemand, der seit vielen Jahren klar für europäische Integration und Integration des westlichen Balkans steht, die Gespräche mit Albanien ablehnen müssen. Es ist einfach: Erst mal zu Hause aufräumen, ernsthaft gegen die Organisierte Kriminalität, bis in den Staat hinein, vorgehen. Dann mit der EU reden. Wenn Albanien Hilfe braucht, gerne. Aber bitte nicht tricksen, täuschen. Für die EU gilt: nicht reinfallen.

Wenn wir nicht Korruption und Kriminalität importieren wollen, müssen wir klare Kante zeigen. Sonst zahlen wir alle den Preis. Der Bundestag hat den Gesprächen zugestimmt. Das war kein gutes Signal. Nun kommt es darauf an, sich bei den kommenden Gesprächen nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Darauf werde ich weiter achten.