"Europa darf seine Seele nicht verkaufen!" NDR-Interview zu Europa-Türkei-Gipfel hier anhören

18.03.2016
Interview

(Quelle: NDR Info, 17.03.2016 07:20Uhr, Autor/in: Liane Koßmann)
>> HIER klicken und das NDR-Interview komplett hören! <<<

Die EU braucht eine Vereinbarung auch mit der Türkei, um die Flüchtlingsfrage besser lösen zu können. Das sagte Michael Brand, der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im Bundestag, vor Beginn des zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel im Interview auf NDR Info. "Das darf aber im Umkehrschluss nicht heißen, dass wir unsere Seele als Europa verkaufen", so der CDU-Politiker. Beide Seiten hätten ein Interesse an einem Pakt. Es sei aber keine Einbahnstraße. Die EU wolle die Flüchtlingsfrage und den Umgang mit den Menschen besser organisieren. Die Türkei sei innenpolitisch mit ihren Repressionen in einer Sackgasse, außenpolitisch seien die Beziehungen mit Russland auf einem Tiefpunkt, so Brand. Es gebe Bedrohungen durch die Terror-Organisation "Islamischer Staat" und die PKK.

Kontingente als Mittel gegen Schleuser

Es gebe also auch türkische Interessen, betonte Brand: "Und deshalb darf man sich als Europa und als Deutschland nicht kleiner machen, als man ist." Er selbst sei kürzlich in der Türkei gewesen und habe feststellen müssen, dass dort viel zu wenig gegen die Schleuser getan werde. Familien mit Kindern würden der Gefahr ausgesetzt. "Wir müssen Fluchtursachen bekämpfen, aber wir brauchen auch konkrete Vereinbarungen. Kontingente zu beschließen, kann eine der Lösungen sein, um das Geschäft dieser Schleusermafia zu beenden", sagte der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses. Es müsse auch klar sein, dass diejenigen, die Schutz brauchten, diesen auch bekommen. Es dürfe keinen Deal auf Kosten der Flüchtlinge geben.  

Nicht nur auf die Türkei setzen

Die Türkei werde nicht alleine entscheiden, wer durchgelassen wird, betonte Brand. Es werde eine Vorauswahl zusammen mit dem UN-Flüchtlingswerk geben. Danach würden letztlich die einzelnen EU-Staaten entscheiden, wen sie aufnehmen. "Die Aufnahme von Flüchtlingen ist kein deutsches Problem. Auch andere Staaten wie Polen, Ungarn oder Frankreich müssen endlich zur Vernunft kommen und ihrer Verantwortung gerecht werden", forderte der CDU-Politiker. Lasten müssten so verteilt und Fluchtursachen ernsthaft bekämpft werden. Dabei dürfe man nicht nur auf die Türkei setzen. "Wir brauchen viele Schritte und eine gesamteuropäische Lösung", so Brand. Die EU dürfe nicht die falschen Signale senden. "Es darf keinen Menschenrechtsrabatt geben, weil wir auch auf ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingsfrage angewiesen sind."