Gabriel muss in China "Finger in Wunde legen" - Brands Forderungen an die Bundesregierung

24.05.2017
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Die Agentur AFP hat mich zur China-Reise von Außenminister Gabriel befragt. Mein Standpunkt, meine Forderungen:

Der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand, hat Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) aufgefordert, bei seiner China-Reise Grundrechtsverletzungen offensiver anzusprechen. Gabriel müsse bei seinem Antrittsbesuch in der Volksrepublik "ein neues Kapitel" im Bereich Menschenrechte aufschlagen, sagte Brand der Nachrichtenagentur AFP. "Dramatische Berichte über brutale Umerziehungs- und Zwangsarbeitslager, das Wissen über die weltweit meisten Hinrichtungen und der Handel mit Organen von Strafgefangenen müssen auch von Berlin deutlicher angesprochen werden."

Gabriel reist am Dienstag erstmals als deutscher Außenminister nach Peking. Dort will er am Mittwoch unter anderem Chinas Außenminister Wang Yi treffen. Gabriel sollte "neue Möglichkeiten nicht vorbeiziehen lassen und jetzt eine aktivere Rolle in den Beziehungen zu China spielen - bei den Themen Menschenrechte, Klimawandel und Freihandel", sagte Brand. Gabriel brauche dafür einerseits "Fingerspitzengefühl", müsse aber auch "mutig den Finger in die Wunde legen".

Von der Bundesregierung forderte Brand, die Gangart gegenüber der Führung in Peking im deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog zu verschärfen. "Für die chinesische Seite sind diese Runden sehr bequem geworden: Die Kritik wird zwar angesprochen, befürchten muss man bislang aber wenig", bemängelte der Christdemokrat. "Dialog ohne echte Konsequenzen ist wirkungslos."

Der CDU-Politiker kritisierte, die Menschenrechtslage in China habe sich seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping vor vier Jahren sogar verschlechtert: "Es gibt noch brutaleres Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und -aktivisten, gegen Blogger, hohe Haftstrafen und heftige Repression." Nichtregierungsorganisationen würden durch neue Sicherheitsgesetze an die Kette gelegt und die Internet-Zensur werde verschärft.

"Wer mehr Freiheit fordert, dies nur öffentlich äußert, wird jahrelang weggesperrt", prangerte Brand an. "Das Schweigen im Westen zu diesen unfassbar brutalen Menschenrechtsverletzungen ist schreiend laut."

Als "besonders dramatisch" stuft Brand die Lage für Uiguren und Tibeter in China ein. Die "systematische Zerstörung" von religiösen Heiligtümern der Tibeter und die "brutale Unterdrückung dieser einzigartigen Kultur des für seine Friedfertigkeit bekannten Volkes" sei "einer so alten und großen Kultur wie der chinesischen völlig unangemessen", sagte der CDU-Abgeordnete zu AFP.

Brand kritisierte, dass dem Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, im Gegensatz etwa zum Wirtschaftsausschuss, von China weiter keine freie Einreise erlaubt werde. Dies sei ein "anhaltend negativer Höhepunkt in unseren diplomatischen Beziehungen, der wirklich nicht länger von der Bundesregierung akzeptiert werden darf", sagte er. "Minister Gabriel sollte das bei seinen Gesprächen mit Nachdruck zum Thema machen und eine konkrete Zusage einfordern."

Wenn die Bundesregierung nicht völlig das Gesicht bei den chinesischen Gesprächspartner verlieren wolle, "muss deutsche Diplomatie endlich vorzeigbare Ergebnisse bringen", forderte Brand. "Wenn die 'stille Diplomatie' im Falle Chinas angeblich so zielführend ist, dann muss man schon fragen, warum dort die Lage der Menschenrechte immer dramatischer wird?"

(Quelle, AFP, 22.5.17)