"Das wäre ein Bruch mit unserer Werteordnung" - Zur Urteilsbegründung des BVerwG

19.05.2017
Pressemitteilung

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig will den Staat verpflichten, in Ausnahmefällen todbringende Medikamente herauszugeben. Jetzt hat das Gericht seine Urteilsbegründung vorgelegt. Das darf nicht Realität werden. Anbei meine Erklärung:

„Die Anforderungen des Urteils sind nicht umsetzbar. Der Staat kann nicht verpflichtet werden, sich an der Durchführung eines Suizids zu beteiligen, auch nicht in extremen Ausnahmefällen. Das wäre ein Bruch mit unserer Werteordnung und widerspräche allen Anstrengungen zum Lebensschutz und der Suizidprävention. Und wer definiert eigentlich diese Ausnahmefälle? In der jetzt nach Monaten vorgelegten Urteilsbegründung wird überdeutlich: Das Bundesverwaltungsgericht ist bei einem sensiblen Thema unsensibel über das Ziel hinausgeschossen. Die grundlegende Debatte und Bundestagsentscheidung mit dem Anliegen um Lebensschutz und Autonomie wurden praktisch ignoriert. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie ´unerträgliches Leiden´ oder ´keine zumutbare Alternative´ werfen neue Probleme auf, damit würde dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Es gibt eine krasse Fehleinschätzung des Gerichts: Das Betäubungsmittelgesetz hat die medizinische Versorgung zum Heilen oder Schmerzlindern zum Ziel, gerade nicht die Selbsttötung. Die Selbsttötung kann keinen therapeutischen Zweck haben, wie es das Gericht behauptet. Das ist ein Widerspruch in sich, sogar lebensgefährlich. Der Bundesgesundheitsminister liegt vollkommen richtig damit, wenn er das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) anweist, todbringende Medikamente zur Selbsttötung nicht herauszugeben, denn der Staat hat eine besondere Schutzpflicht. Wir vertrauen im Parlament darauf, dass das Bundesverfassungsgericht die grundlegende Debatte im Deutschen Bundestag und dessen Anliegen um Lebensschutz und Autonomie angemessen berücksichtigt.“