
"Wir sind schon lange verurteilt lebenslang zu leiden“, sagt mir Nura am Abend vor dem lang erwarteten Urteil. Ihr Mann und die drei Söhne wurden ermordet. Die starke Frau bricht in Tränen aus, nachdem ich ihr antworte, wann ich geboren wurde. "Wie Mirsad, mein Sohn, er wäre heute 44 Jahre, wie Du."
Über 8.000 Menschen wurden im Juli 1995 beim Massaker in Srebrenica getötet - das schlimmste Kriegsverbrechen seit Ende des 2. Weltkrieges. Ex-Serben-Führer Karadzic und sein General Mladic sind Haupttäter dieses Genozids.
In den 90er Jahren habe ich einige Zeit in Sarajevo gelebt, habe als junger Student für eine NGO Kriegsverbrechen dokumentiert, Opfer unterstützt. Über drei Jahre war die bosnische Hauptstadt belagert. Die Extremisten haben bewusst das „Jerusalem Europas“ - Juden, Muslime, Christen leben hier seit Jahrhunderten friedlich zusammen – als Ziel gewählt, mit 10.000 Toten. Auch dafür wurde Mladic diese Woche in Den Haag verurteilt.
Dass dieser brutale Massenmörder vor einem internationalen Gericht zur Verantwortung gezogen wurde, hat internationale Signalwirkung. "Völkermord" und "lebenslänglich" – sind die wichtigsten Feststellungen der Richter. Das Urteil stärkt internationales Recht, ist von Bedeutung für Täter, vor allem für die Opfer. Das war im Gerichtssaal zu spüren.
Von Gerechtigkeit ist man dennoch weit entfernt. Ohne Wahrheit kann es keinen Frieden geben. Es braucht echte Aufarbeitung des Völkermords – in Bosnien, Kroatien und vor allem in Serbien. An der Spitze dieses Staates, der EU-Beitrittskandidat ist, steht heute ausgerechnet der frühere Propaganda-Chef von Milosevic. Es existiert eine Kultur des Leugnens.
Brüssel und EU dürfen davor nicht länger die Augen verschließen. Falsche Nachsicht würde Europa als eine Rechts- und Wertegemeinschaft schweren Schaden zufügen.
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