Der neue, große Gegner

01.04.2021
Kolumne

Die Kolumne ist am 02./03. April 2021 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

China ist der neue, große Gegner. Wirtschaftlich, politisch, auch militärisch. Wir müssen uns wappnen, weil ein neues totalitäres System auf der Weltbühne erscheint. Diesmal ist es nicht der russische Bär, sondern der chinesische Drache. Der große Unterschied: China ist ökonomisch um ein Vielfaches stärker. Und China weiß das. Was viele nicht wissen: China hat gewaltige interne Probleme. Die heute 1,3 Milliarden Chinesen werden laut Prognose der UN in Jahrzehnten auf 700 Millionen schrumpfen. Gewaltige Korruption belastet die Wirtschaft, das überhitzte Finanzsystem könnte kollabieren, mit erheblichen Folgen für die Welt.

Und während China versucht, seine Position in der Welt zu festigen, bevor es schwächer wird, schlägt die nationalistische und rassistische Führung in China selbst wild um sich. Nicht nur werden garantierte demokratische Rechte in Hongkong zerschlagen, weil die chinesische Führung panische Angst hat davor, dass demokratische Chinesen aus Hongkong auf dem Festland Nachahmer finden.

Noch weit drastischer ist der Umgang der von ethnischen Han-Chinesen dominierten Führung mit Minderheiten. So werden nicht nur die friedliebenden Tibeter und ihre 4000 Jahre alte Kultur so systematisch unterdrückt und verdrängt, dass viele die systematische Ausrottung der tibetischen Kultur und vollständige Verdrängung durch Chinesen fürchten. Die Versuche der chinesischen Führung, Tibet komplett von der Außenwelt abzuschneiden, um diese Grausamkeiten unbeobachtet zu begehen, macht es nicht besser.

Schockiert schaut die Welt auf Internierungslager in Xinjiang, in der bis zu einer Million Menschen nur deshalb inhaftiert, drangsaliert, zu tausenden gefoltert und vergewaltigt werden, weil sie nicht der kommunistischen Ideologie und dem Kult um den Führer Xi Jinping anhängen, sondern eigenem Glauben und Tradition. Friedliche Gläubige werden zu potenziellen Terroristen erklärt, die man umerziehen wolle. Das klingt nach schlimmen, bekannten Mustern. Weil die Kommunisten den Familien ein zweites Kind über Jahrzehnte verboten haben (was übrigens zu zehntausenden Kindstötungen führte) und Familien in Xinjiang mehr Kinder haben, werden massenweise Zwangssterilisationen an Frauen verübt. Völkerrechtler warnen, dass inzwischen der von der UN definierte Begriff des Genozids erfüllt ist. Der gilt, wenn staatliche Maßnahmen darauf abzielen, ganze ethnische Gruppe systematisch zu dezimieren und auszurotten. Das hört sich alles schrecklich an – und das ist es auch. Bis zu 100 Millionen Christen in China leben ebenfalls unter oftmals brutaler Verfolgung. Europa muss sich darauf einstellen, dass die chinesische Großmacht von einer Brutalität ist, wie es die Welt bislang nicht kannte, oder kennen wollte. Noch hat China keinen Krieg begonnen, allerdings einen, gegen das demokratische Taiwan, bereits angekündigt. Das alles sind Vorboten dessen, wozu ein immer aggressiveres China nicht nur fähig, sondern auch bereit ist. Wir tun gut daran, uns darauf einzustellen, dass wir nur in einer globalen Allianz der Demokratien gegen diese neue globale Gefahr bestehen können. Wir müssen es schaffen, bevor es zu spät ist.