
Manche Zeitgenossen werden auch das noch beklagen: die Deutschen haben im sogenannten „Glücksatlas“, der die Zufriedenheit der Bundesbürger mit ihrer Lage jährlich dokumentiert, einen Höchstwert erreicht.
Ein Glücksfall der Geschichte, für die Deutschen und für Europa, war zweifellos die friedliche Revolution und der Fall der Mauer. Nicht nur in Berlin, sondern über die gesamte Strecke des „Eisernen Vorhangs“, der Deutschland geteilt hatte. Dieses Glück wurde besonders stark empfunden gerade auch hier bei uns in der Rhön, die wir über die Jahrzehnte Dörfer und Familien brutal getrennt sehen mussten. Als Teenager habe ich über Stacheldraht und Minenfeld Landwirte auf der anderen Seite die Felder bestellen sehen und fragte mich: „Warum dürfen die Menschen von drüben nicht endlich zu uns rüber und wir zu ihnen?"
Am 5. und 6. Oktober 2019 haben zwei Dörfer, Motzlar in Thüringen und Günthers in Hessen, ein besonderes Jubiläum auf besondere Art gefeiert. Weil die Öffnung der Mauer im kalten Dezember am 12.12.1989 geschah, wurde die Feier zum historischen Datum vorverlegt und im Umfeld des Tages der Deutschen Einheit gefeiert.
Dieses Jahr waren aus beiden Dörfern wieder Hunderte von Menschen auf der Straße, als wir alle miteinander das historische Glück der Deutschen Einheit, der Wiedervereinigung des deutschen Volkes, miteinander auf der alten Grenze mit einem Gottesdienst feiern konnten.
Es war eine sehr bewegender Tag, vom Gottesdienst angefangen (genau dort, wo 1989 kurzfristig ein Grenzübergang geschaffen wurde) über den anschließenden Weg der Menschen zu Fuß ins thüringische Motzlar, dass nicht mehr durch Mauer, Minenfeld und Stacheldraht eingesperrt ist, sondern frei und froh ist über die neue Lage, und das seit 30 Jahren.
Ich muss mich noch immer manchmal zwicken, wenn ich mir vor Augen führe, dass es uns Deutschen tatsächlich gelungen ist, mit einer friedlichen Revolution, auch klugen Schritten von mutigen Bürgern, vor allem im Osten, und Staatsmännern wie Helmut Kohl, George Bush, Michail Gorbatschow und anderen, die Freiheit und Einheit Deutschlands (und Europas) zu erreichen.
Manchmal braucht man gar nicht erst einen „Glücksatlas“. Sondern man braucht sich nur mit offenen Augen in der eigenen Umgebung um zu sehen. Wer das tut, entdeckt viele Stellen, wo es richtig gut läuft. Und wo die Menschen, bei allen großen und kleinen Problemen, das Glück von Freiheit, Demokratie und auch Wohlstand in Dankbarkeit genießen.
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