BRAND AKTUELL: Neuer Anfang

28.10.2017
Kolumne

Die Kolumne "BRAND AKTUELL" ist am 28./29. Oktober 2017 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

709 Abgeordnete, davon 289 neue (das sind über 40 Prozent aller Mitglieder des Parlaments), sieben Parteien und sechs Fraktionen – so viele wie seit sechzig Jahren nicht mehr: Es hat sich einiges verändert im neuen Bundestag, der jetzt zu seiner ersten Sitzung zusammenkam.

Viel wird seit Monaten berichtet über Erregung und Krisengefühle in der Republik – die so neu nicht wirklich sind, wie die neue Nr. 2 des Staates in seiner ersten Rede als Bundestagspräsident betonte. Seit 1972 immer direkt gewählt, hat Wolfgang Schäuble politisch viel erlebt: RAF-Terror, Wirtschaftskrise, Tschernobyl, Kalter Krieg, NATO-Doppelbeschluss oder Aufbau Ost – bis zum persönlichen Schicksal, seit dem Attentat 1990 im Rollstuhl sitzen zu müssen.

Überall in Europa verschärft sich angesichts von Konflikten, Globalisierung und rasantem Wandel die Tonlage. „Jedem erscheint etwas anderes wichtig. Jeder scheint gelegentlich nur noch seine eigenen Probleme wahrzunehmen. Es gibt nicht mehr das eine Thema“, so Schäuble.

Demokratischer Streit ist notwendig, nach Regeln und mit der Bereitschaft Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren, und sie nicht zu diffamieren. Fairness, Anstand und Respekt forderte der bekennende Christ ein: „Es gab in den vergangenen Monaten in unserem Land Töne der Verächtlichmachung und Erniedrigung. Das hat keinen Platz in einem zivilisierten Miteinander.“

Kompliziertheit und Streit auszuhalten, das fordert jeden. An Lösungen zu arbeiten, die auch halten und dem Land dienen, und zwar bei steigenden Erwartungen und nicht immer wachsenden Spielräumen – das ist der Auftrag, besonders auch an das neue Parlament. Weltuntergangs-Propheten sind mir schon immer suspekt. Konstruktiver Streit, notwendige Kontroversen und Entscheidungen – darauf freue ich mich.