Made in China mit Folter und Zwangsarbeit?

06.09.2022
Beitrag

 Erstmalig beschuldigt ein UN-Dokument das chinesische Regime offiziell, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.

Der Namensbeitrag ist am 6.9.2022 in der FZ erschienen.

13 Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit hat Michelle Bachelet, die ehemalige Präsidentin Chiles, selbst Opfer von Folterungen während des Militärregimes, als scheidende UN-Hochkommissarin für Menschenrechte ein Dokument veröffentlicht. Erstmalig beschuldigt ein UN-Dokument das chinesische Regime offiziell, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.

Wer sich mit der bitteren Lage der über 80 Millionen Christen in China befasst, wer die systematische Vernichtung der über 3000 Jahre alten Kultur der Tibeter beobachtet, wer die Berichte über Internierung von bis zu 1 Million Uiguren kennt, der ist nicht überrascht.

Überraschend ist vielmehr, wie sehr diese größte Bedrohung nicht nur für die Menschenrechte, sondern auch für die Freiheit hier in Europa, durch eine immer aggressivere Diktatur in China noch immer von vielen in Europa unterschätzt wird.

Selbst einen Krieg gegen das demokratische Taiwan hat Xi Jinping, der sich selbst „Führer" nennen lässt, nicht mehr ausgeschlossen.

International bekannt gewordene chinesische Dokumente zeichnen ein Bild des Grauens. Minderheiten werden mit so enormer Brutalität bekämpft, dass China Völkermord nach UN-Konvention begeht. Denn Völkermord findet nicht nur mit Raketen, Artillerie und Erschießungen statt. Völkermord liegt nach UN-Konvention auch dann vor, wenn durch gezielte Maßnahmen wie Geburtenkontrolle per Zwang ein Volk auf Dauer ausgelöscht werden soll. Genau dies versucht das Regime mit der Minderheit der Uiguren. Es werden nicht nur hunderttausende Uiguren in Zwangslagern interniert, wo es regelmäßig zu Folter, Vergewaltigung und Mord kommt; Überlebende haben inzwischen weltweit darüber berichtet.

Das Regime greift zudem tief in Familien ein. Vor allem ist es eine gezielte Kampagne zur Zwangssterilisierung uigurischer Frauen, die im Ergebnis dazu führen soll, dass über einen Zeitraum von Jahren die Uiguren schlicht aussterben. Frauen, selbst bis ins hohe Alter, die sich dieser Praxis widersetzen, werden zu tausenden in Internierungslager verbracht.

Was sich liest wie aus einem Horrorfilm, ist brutale Realität. Wenn wir uns mit dieser Realität nicht abfinden wollen, wird es allerhöchste Zeit, dass wir wirtschaftlich, politisch und im Ergebnis auch militärisch alles dafür tun, um nicht von einer menschenverachtenden Diktatur wirtschaftlich erpresst, politisch dominiert oder gar militärisch bedroht zu werden.

Natürlich ist China Partner, und immer mehr auch Konkurrent für den Westen. Aber wir dürfen nicht schweigen, wenn Zwangsarbeit und Internierungslager die Marke „Made in China“ bestimmen. Wirtschaftliche Kontakte dürfen nicht länger über Diskriminierung, Internierung oder Völkermord hinwegsehen.

Wir müssen früh genug, und entschlossen gegensteuern, wenn wir nicht unter die Walze eines zu allem entschlossenen Regimes geraten wollen. Noch ist Zeit, und noch sind der Westen, auch Europa, wirtschaftlich stärker als China. Doch die Zeit drängt. Wer zu spät aufwacht, dem droht ein böses Erwachen. Russland hat uns hart gelehrt, was droht, wenn wir nicht früh genug handeln.


Autorenzeile:
Michael Brand (48) ist menschenrechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Entwicklung in China.