Nicht länger nur zuschauen

04.11.2019
Kolumne

Die Kolumne "BRAND AKTUELL" ist am 02./03. November 2019 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

Entsetzen hat die Wahl in Thüringen ausgelöst, weil AfD und LINKE zusammen mehr Stimmen erhalten haben als die moderaten demokratischen Parteien. Mehr als 23 Prozent ausgerechnet für die Höcke-AfD sind mehr als beschämend.

Nicht nur in Thüringen gerät die Freiheit unter Druck: Ideologische Gruppen schrecken immer weniger davor zurück, mit immer mehr Druck gegen andere zu mobilisieren. So wurde an der Universität Hamburg die Vorlesung eines Professors von gewaltbereiten Akteuren, darunter auch Mitglieder von SPD und Grünen, so massiv gestört, dass die Vorlesung abgebrochen werden musste und später nur unter Polizeischutz für die Studierenden wiederholt werden konnte.

Dass es sich bei dem umstrittenen Professor um den aus der von ihm gegründeten AfD inzwischen ausgetretenen Bernd Lucke handelte, nahm die grüne Wissenschaftssenatorin zum Anlass, sich nur zweideutig zu äußern. Dabei ist sie ganz unzweideutig zum Schutz der Freiheit der Wissenschaft verpflichtet. Ein Referent des SPD-Außenministers Heiko Maas verglich Lucke gar mit Hitler und verstieg sich zu der Äußerung, die gewaltsamen Aktionen hätten die „Ehre" der Universität gerettet.
Dieselbe Universität hatte die Vorsitzende der kommunistischen Plattform, Wagenknecht, als extrem linke Rednerin zugelassen, dem FDP-Vorsitzenden Lindner dies aber verwehrt.

Eine Lesung unseres ehemaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière während der Literaturwoche in Göttingen wurde durch gewaltsame Blockaden von Aktivisten, darunter auch von „Fridays for Future" verhindert. Einem der Veranstalter wurde die Kleidung zerrissen, anschließend sprach das linke Milieu von einer „friedlichen" Veranstaltung.

Während am rechten Rand eine Rhetorik des Hasses dazu beiträgt, dass Menschen ermordet werden, ist auch auf dem linken Rand viel Bereitschaft da, Freiheit anderer brutal einzuschränken, wenn Inhalte oder auch Personen nicht in die eigene Ideologie passen.

Wird diese Entwicklung nicht gestoppt, droht ein Abrutschen in eine weit radikalere Entwicklung. Diese Entwicklung können nicht alleine die Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichte verhindern. Die Weimarer Republik ging nicht nur an den Extremisten zugrunde. Sie scheiterte auch an der Passivität  der schweigsamen Mehrheit. Als dann politische Mitte, Bürgertum, Konservative, Liberale und andere Demokraten unter den Mühlsteinen der Extremisten zermahlen waren, war es zu spät.