Klimaschutz statt Ideologie

02.10.2019
Kolumne

Die Kolumne ist in der Fuldaer Zeitung am 2. Oktober 2019 erschienen.

Michael Brand hat Fragen zu Greta und zum Klimapaket der Koalition

Ganz offen vorab: Klimaschutz wird in Deutschland nicht erst umgesetzt seit Greta Thunberg. Hätten wir nicht schon lange begonnen, wären Emissionen massiv höher - dennoch bleibt viel zu tun, um die Erderwärmung unter 2 Grad zu halten.

Wissenschaft, deren Ergebnisse beim Klimaschutz  zentral sind, ist das Gegenteil von Ideologie. Greta war beim UN-Klimagipfel verständlich emotional, aber wenig wissenschaftlich, leider auch ziemlich ideologisch.

Sie hat das für Klima und Entwicklung wichtigen Wachstum regelrecht verdammt. Das kann, wer in Schweden oder Deutschland lebt. Ideologie gegen Wachstum bedeutet, Hunger und Krankheit auf der Welt nicht bekämpfen zu können. Milliarden Menschen wird nicht zugestanden, was selbstverständlich ist. Ideologie gegen Wachstum ist die komplett falsche Antwort auf Klimawandel. Ressourcen gegen Erderwärmung kommen nicht von weniger, sondern gerade von wachsenden Ressourcen. Viele hundert Milliarden Euro, zuallermeist außerhalb Europas, braucht es, um diesen Planeten davor zu bewahren, überhitzt zu werden und mehr Katastrophen für die Welt, auch für unser Land, zu verursachen.

Ja: Man kann das Klimakonzept der Bundesregierung kritisieren. Man kann fordern, dass sich die Welt vom Wachstum verabschieden müsste. Aber niemand kann erwarten, dass man diesem gefährlichen Irrweg folgt. Denn das wäre fatal für die ökologische und soziale Sicherheit von Milliarden von Menschen.

Wissenschaft weiß: Auch wenn Deutschland alle Emissionen von CO2 stoppte, wäre global wenig erreicht. Eine der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt, die gerade bei der UN wieder für ihre Vorreiterrolle beim Klimakonzept gelobt wurde, kann und muss der Welt zeigen, dass und wie Klima und Wachstum zusammen geht. Sonst werden China, Indien und andere nicht ernsthaft überlegen. Und auf die kommt es beim Klima weit mehr an als auf uns.

Auch ich habe Fragen zum Klimapaket. Vieles, wie der Einstieg in den Emissionshandel, hilft wirklich. Es setzt richtige Anreize: Energetische Sanierung steuerlich fördern, Bahnfahren billiger, Kurzstreckenflüge teurer machen, Heizanlagen erneuern und mehr. Der sanft beginnende Anstieg von Preis für CO2 ermöglicht den Umstieg über Jahre, um am Ende fossile Energieträger zu ersetzen. Es ist notwendig - kann gar deutsche Ingenieurskunst exportieren.

Im Bundestag werde ich darauf achten, dass der Mix am Ende auch effektiv ist. So muss man fragen, ob Elektroautos wirklich die beste Option sind – oder ob nicht Wasserstoff, der klimaneutral unendlich verfügbar ist, durch Brennstoffzellen in Autos viel stärker unterstützt werden muss, um Mobilität zu sichern. Das gilt besonders für Regionen wie Osthessen, wo eben nicht im 10-Minuten-Takt Bus und Bahn fahren, wo täglich Strecken zur Arbeit und mehr mit dem Auto zurückzulegen sind.

Nicht jeder Produktionsbetrieb kann sich im Wettbewerb behaupten, wenn Energie exorbitant teuer wird. Produktion (und Arbeitsplätze) werden so von hier in Länder verlagert, deren Standards bei Umwelt (und Arbeit) weit unter denen von Deutschland liegen - und in denen das Klima erheblich mehr belastet wird.

Wenn auch nicht erst die Proteste dazu geführt haben, Klimawandel ernst zu nehmen, müssen wir mehr tun. Ernst nehmen bedeutet, zu tun, was wirkt. Und offen zu bleiben für Dialog und Erkenntnis. Gehen wir diese Aufgabe an.