3 Fragen an Michael Brand zu Wahlausgang, Wahlkreis und AfD

28.09.2017
Interview

Die FZ hat mich zu meiner Analyse zur Wahl am Sonntag befragt. Die drei Fragen und meine Antworten hier in der kompletten Version.


Wie sehen Sie mit ein wenig Abstand zum Wahlabend das Abschneiden der CDU bundesweit und in der Region?


Die ersten Wahlanalysen zeigen: Die CDU hat die meisten Stimmen an die FDP verloren, dann an die AfD. Das viel zu hohe Abschneiden der AfD fordert alle Demokraten heraus, es ist kein Thema der Union allein. Linke und SPD haben zusammen fast genauso viele Wähler an die AfD verloren wie die CDU/CSU. Wahr ist auch: Über 87 % haben die AfD nicht gewählt.
Im Wahlkreis haben mir zu viele treue CDU-Wähler gesagt, dass sie mit der Erststimme Brand wählen und mit der Zweitstimme FDP, weil sie eine bürgerliche Mehrheit wollten. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

Die Wahlanalyse zeigt auch: Die AfD-Wähler haben bundesweit nicht zwischen Erst- und Zweitstimme unterschieden, sondern durchgewählt. Das macht sich bei diesem hohen AfD-Ergebnis natürlich auch bei meiner Erststimme bemerkbar. Dass ich dennoch das beste Erststimmen-Ergebnis aller hessischen Abgeordneten erreichen konnte – mehr als 12% vor dem Bundesergebnis meiner Partei, auch über 6% mehr als die CDU im Wahlkreis – ist unter den besonderen Umständen ein sehr gutes Ergebnis. Gestern bei den Gremiensitzungen in Wiesbaden und Berlin ist das stabile Fuldaer Ergebnis mit Respekt hervorgehoben worden. Alle wussten doch, dass die CDU nach harten Jahren Federn lassen würde. Das starke Direktmandat und das Vertrauen von fast 72.000 Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis freuen mich natürlich, es ist eine große Verpflichtung. Weiter hart für den Wahlkreis zu kämpfen und für unser Land, das ist mein Versprechen.
Und: Die überwiegende Mehrheit der AfD-Wähler sind keine Anhänger dieser Truppe, es war in erster Linie Protest und Enttäuschung. Ziel muss es sein, enttäuschte Wähler in vier Jahren zurückzuholen.


Welche Gründe sehen Sie für die Verluste? Und wie erklären Sie sich, dass gerade Fulda Zweitstimmen-Hochburg der AfD in Hessen ist?


Vom Bundestrend kann sich niemand abkoppeln, weder bei uns noch bei SPD, AfD, FDP. Vor 4 Jahren haben wir in Fulda stark zugenommen, diesmal sind die Verluste wie überall hoch. Man muss das einordnen: Fulda ist kein Ausreißer, der Nachbarwahlkreis Main-Kinzig hat gerade einmal 0,4 % weniger an AfD-Zweitstimmen, im Westen war die AfD besonders stark in Bayern und Baden-Württemberg (in Pforzheimer Stimmbezirken sogar vor der CDU), im Osten hat die AfD Direktmandate gewonnen, ist in Sachsen sogar stärkste Partei.


Wie wollen Sie im Bundestag mit Herrn Hohmann als Abgeordnetem aus der Region umgehen? Wie wollen Sie sich ihm und seiner Partei gegenüber positionieren?


Wie mit jedem anderen auch - mit offenem Visier und guten Argumenten. Die ständige Opferrolle darf man ihm nicht durchgehen lassen. Wer angeblich so oft missverstanden wird, muss sich doch mal ernsthaft fragen, ob es nicht an der eigenen Sprache liegt. Martin Hohmann zählt leider inzwischen innerhalb der AfD zu den Radikalen: Im Gegensatz zu selbst den meisten AfD-Funktionären zählt er zu der Minderheit, die Höckes kalkulierte Unwahrheiten auch noch aktiv verteidigen. Dem Ruf Fuldas tut er nicht gut. Mit Haltung, echt und offen – so wie ich es plakatiert und in den letzten Jahren auch getan habe, werde ich unsere Heimat in Berlin vertreten.

Die Berliner Politik darf auch nicht den Fehler gegenüber der AfD machen, wie das Kaninchen auf die Schlange zu schauen. Die neue Regierung hat eine große Verantwortung, sie muss gute Ergebnisse liefern und darf sich nicht von der AfD die Themen diktieren lassen. Die AfD meint es nicht gut mit unserem Land, die Führung der Partei steht für völkische und radikale Positionen, das darf man nicht übersehen.

Ich bin mir sicher, die AfD wird in der parlamentarischen Arbeit entzaubert. Das hat schon begonnen mit dem Chaos-Auftritt von Frau Petry direkt am Tag nach der Wahl und der verrohten Sprache von Herrn Gauland am Wahlabend.