Unterstützung für Opfer der „Colonia Dignidad“ schnell und unbürokratisch

17.05.2019
Pressemitteilung

Die Gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesregierung hat sich auf ein Hilfskonzept (Link) für die Opfer der „Colonia Dignidad“ geeinigt und heute vorgestellt. Dazu erklärt Michael Brand, Mitglied der Kommission für die CDU/CSU:

„Es war schon lange überfällig, den Worten zur moralischen Mitverantwortung endlich Taten folgen zu lassen. Mit dem Hilfskonzept erhalten die Betroffenen zeitnah und unbürokratisch Unterstützung. Es wird ein Hilfsfonds für Individualleistungen eingerichtet. Außerdem werden auch Anlauf- und Beratungsstellen in Deutschland und in Chile eingerichtet. Sie sollen den Betroffenen zur Seite stehen, etwa bei der Beantragung der Mittel.

Die Opfer erhalten jetzt erstmals individuelle Zahlungen, und zwar in Höhe von 10.000 Euro, und weitere Leistungen – das hat eine neue Qualität, das hilft konkret. Und durch die jetzt verankerte Hilfe, den neuen Fond „Pflege und Alter“, werden die Opfer auch im Alter nicht alleine gelassen. Wir wissen, dass der Beitrag, so konkret er auch ist, nur ein symbolischer sein kann. Niemand bei uns gibt sich der Illusion hin, dass dies jetzt das Leid wieder gutmachen könnte, dass die Menschen erlitten haben. Aber wir hoffen darauf, dass die konkrete Unterstützung nicht nur im Alltag, sondern auch seelisch eine gute Wirkung entfaltet.

Bei der Umsetzung werden wir als Deutscher Bundestag darauf achten, dass nicht bürokratisch, sondern in einer menschlich anständigen und sympathischen Art und Weise geholfen wird. Ich hoffe darauf, dass die konkrete Unterstützung nicht nur im Alltag, sondern auch seelisch eine gute Wirkung entfaltet.“

Hintergrund
In der sogenannten „Colonia Dignidad“ wurden Frauen, Männer und Kinder über Jahrzehnte hinweg Opfer entsetzlicher Verbrechen. Der Deutsche Paul Schäfer und seine Vertrauten errichteten eine kriminelle Sekte, deren Machtstruktur sich auf psychische und physische, einschließlich schwerster sexueller Gewalt, auf Sklavenarbeit und Denunziantentum, auf ständige Überwachung und systematische Einschüchterung gründete. Schäfer riss Familien auseinander, missbrauchte zahllose Kinder und arbeitete aktiv mit den Schergen der Pinochet-Diktatur bei Folter, Mord und Verschwindenlassen von Regimegegnern zusammen. Die Überlebenden leiden bis heute massiv unter den schweren psychischen und körperlichen Folgen nach jahrelang zugefügten Verletzungen durch Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung und Sklavenarbeit.
Dass Schäfer und seine Helfershelfer nahezu ungehindert bis in die 2000er Jahre hinein schwerste Verbrechen in der wie ein Lager organisierten „Colonia Dignidad“ begehen konnten, war nur möglich durch eine strikt autarke Lebensweise und Abschottung, durch die Zusammenarbeit mit der chilenischen Militärregierung, dem zaghaften Agieren der Justiz in Chile und Deutschland und durch Unterstützungsnetzwerke in beiden Ländern. Aber auch deutsche Regierungsvertreter spielten eine unrühmliche Rolle, als ihre Standhaftigkeit, Beharrlichkeit und ihr nachdrücklicher Einsatz für die Menschen in der „Colonia“ gefordert gewesen wären.

Link: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/chile-node/hilfskonzept-colonia-dignidad/2218754