Unrecht vergeht nicht

13.10.2018
Kolumne

Die Kolumne "BRAND AKTUELL" ist am 13./14. Oktober 2018 in der Wochenzeitung FULDA AKTUELL erschienen.

Es stockt der Atem angesichts dessen, was in der DDR alles getrieben wurde. Das Unrechtsregime hat immer wieder Eltern, die ihre ideologische Ausrichtung nicht teilten, die Kinder entzogen und Regimeanhängern ermöglicht, diese zu adoptieren. Die Erziehung der Kinder zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ sollte so sichergestellt werden sowie die „nicht konformen Eltern“ sanktioniert werden.

Als Anlass konnte genügen, wenn Eltern einen Ausreiseantrag gestellt, mit den Kindern zu fliehen versucht oder sie gerade während der eigenen Flucht zunächst in der Obhut von Verwandten gelassen hatten. Auch kleinere Verstöße gegen die „sozialistische Lebensweise“, Mitgliedschaft in einer Kirche, Kinderreichtum oder Schwangerschaft im Teenageralter konnten genügen, um das Erziehungsrecht zu verlieren.

Bis heute besteht bei Müttern, deren in der DDR geborene Kinder für tot erklärt wurden, der Verdacht, dass ihre Kinder tatsächlich noch leben. Ihre Sorge ist, dass die damaligen staatlichen Stellen ihr Kind zur Adoption freigegeben haben. Die toten Kinder wurden ihnen damals nicht gezeigt oder die offiziellen Darstellungen enthalten Ungereimtheiten.

Beim Kapitel Zwangsadoptionen muss endlich Licht ins Dunkel kommen. Deshalb habe ich mit Kollegen meiner Fraktion eine parlamentarische Initiative gestartet. Den leiblichen Eltern wie auch möglicherweise zwangsadoptierten Kindern muss geholfen werden, Antworten auf ihre Fragen zu finden und die Schicksale der ihnen entzogenen Kinder aufzuklären. Dazu bedarf es rechtlicher Regelungen. Unverzüglich müssen noch vorhanden Daten bei den Sterberegistern, Krankenhäusern, Hebammen oder Totenscheinen gesichert werden, bevor Speicherfristen zur Löschung führen. Um Ansprechpartner zu schaffen, an die sich Betroffene wenden können, bedarf es der Einrichtung einer zentralen Vermittlungsstelle. Es muss die Möglichkeit der Einsichtnahme in Adoptionsakten geben sowie der Aufnahme in eine DNA-Datenbank, psychosoziale Begleitung, die Anerkennung als politisches Opfer und eine wissenschaftliche Studie zu DDR-Zwangsadoptionen. Unrecht vergeht nicht.